von Carl-Christian Dressel
Viel wird derzeit geschrieben über 100 Jahre Thüringen, dabei ist die Bezeichnung viel älter. Schon bis ins sechste Jahrhundert existierte das Reich der Thüringer. Nach kurzer Zeit als Herzogtum im 7. und als Landgrafschaft im 12. Jahrhundert zersplitterte die Region ab dem Jahr 1300. Verschiedene Herrscherfamilien, das Kurfürstentum Mainz und Reichsstädte, wie Mühlhausen und Nordhausen, teilten sich anschließend in immer wieder ändernden Konstellationen das Gebiet. Die Bezeichnung Thüringen für die Region überlebte dennoch.
Bereits im Umfeld der Revolution von 1848 wurden Forderungen laut, ein vereinigtes Staatsgebilde Thüringen zu schaffen und die Kleinstaaterei zu beenden. Freilich blieb dies aufgrund der Einzelinteressen erfolglos. Doch das Ende des Ersten Weltkrieges und die Abdankung der Monarchen ermöglichten bereits Ende 1918 Verhandlungen für einen Zusammenschluss. Kaum zwei Jahre später schlossen sich sieben Gebiete mit Wirkung vom 1. Mai 1920 durch den “Gemeinschaftsvertrag über den Zusammenschluss der thüringischen Staaten” zum Land Thüringen zusammen. Obwohl Gera damals die größte Stadt des neuen Landes war, wurde Weimar die Hauptstadt. Erfurt stand dabei nicht zu Wahl, da dieses gar nicht Teil des Landes war.
Warum fehlte Erfurt?
Landesherren des Erfurter Gebietes waren ab etwa 1000 die Erzbischöfe von Mainz. Erst 1802 ging Erfurt (mit einigen Jahren Unterbrechung) in den Besitz von Preußen über. Als Regierungsbezirk in der preußischen Provinz Sachsen (Sitz Magdeburg) wurde Erfurt 1920 nicht in die Thüringer Vereinigung entlassen. Ohne das wirtschaftliche Zentrum Erfurt sowie weite Gebiete in Nordthüringen (z.B. Eichsfeld) und um Schmalkalden und Suhl blieb das neu geschaffene Land Thüringen unvollendet. Erst 1944 wurden während des Krieges die preußischen Gebiete einschließlich der Stadt Erfurt in das Land Thüringen eingegliedert.
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